Hallo Monic, et.al,
ich bin die Diskussion eigentlich leid. Es muss aber wohl sein -
schließlich ist das ein Thema, das bewegt. Also mach' ich mal ein
CC: an die Liste dran, und ein CC: an Andre (HH) weil wir das erst
gestern hatten.
Also erstmal die rohen Fakten:
- Wir (bzw. der Verein freie Netze e.V) bieten in Berlin einen
VPN-Service an. Sinn: das im Freifunk-Video versprochen "du kannst
den Internet-Verkehr bei uns loswerden, wenn du ein offenes
Funknetzwerk ohne Anmeldung anbietest".
- Da ist jeder willkommen - wenn es denn irgend einen
Freifunk-Zusammenhang gibt. Schlüssel werden fleissig verteilt.
Das ist genau die Konfig, die auch schon in Slovenien für drei
Jahre ärgerfrei lief.
- Auf dem VPN-Server ist ein Zapp aktiv. Das bedeutet: sobald
jemand einen Torrent anwirft bekommt er a) kein UDP mehr, b) sein
DNS geproxied, und c) ein Nervseite mit [Ich mach is weg]-Button.
Das ist für 4 Stunden aktiv, danach schaltet es sich automatisch
aus.
- Beschlossen wurde das AFAICR auf der Vereins-Sitzung Ende-2011.
Die Diskussion wurde bereits da geführt und ich hab' noch gut Reto
im Ohr, der uns dringend zu dieser Maßnahme geraten hat. Da es
keinen anderen Beschluss gibt setze ich das durch.
Und jetzt kommt meine Meinung:
Derzeit gilt grob gesagt diese Regel: "You can have Germany,
Anonym, Bittorrent. Choose two". Dass wir "Anonym" haben wollen
halte ich für selbstverständlich. Niemand von denen, die immer
wieder "Neutral" einfordern bietet einen Dienst in Deutschland.
Ins Ausland tunneln kann ich auch, aber wir hatten von Senat|MABB
die Anforderung: "Hier, sonst keine Zusammenarbeit".
Mir ist auch klar, wo die Forderung nach offenen Torrents
herkommt. Macht schön viel Verkehr, ist gut Reklame (besonders bei
unseren Jugendlichen "Kunden") und man bekommt sicher einen Orden
"Held der Freiheit" (wenn auch evt. nicht von der
Inhalte-Industrie). Ich will aber keinen Orden. Ich will das der
Laden läuft. Und zwar lange.
Ich hab' außerdem relativ wenig Bock das mit den Torrents zu weit
zu treiben. Eine Ausnahme für Skype ist schon drin, das muss es
tun. Allerhöchstens mach ich noch eine Regel für die üblichen
Tracker (Ubuntu, Debian, Libreoffice). Aber ich glaub' nicht, dass
das hilft.
Viel lieber kümmer ich mich um Dinge, die nicht funktioneren.
Beispielsweise gibt es derzeit wegen symmetrischem NAT keine
Möglichkeit 2 SIP-Telefonie-Teilnehmer über Internet direkt
miteinander zu sprechen zu lassen bei geringen Latenzen. Da
jammert keiner "Neutral!" sondern es ziehen sich alle auf die
"Geht halt nicht"-Position zurück. Das finde ich ein Stück weit
unehrlich, bedeutet es doch ein indirekt Förderung des
proprietären Skype-Programms.
Mir ist auch klar, dass es durchaus den Willen gibt "es den
Abmahnern mal zu zeigen". Immerhin gab es da ordentlich Funding
für FF-Rheinland um das mal durchzuziehen. Das wird aber Jahre
brauchen und es ist (wie immer vor Gericht) mit ungewissem
Ausgang. Diese Zapp-Geschichte hilft, dass wir nicht gleich mit
voller Wucht überfahren werden. Ich würde erstmal abwarten wollen,
wieviele der üblichen Porno-Abmahnungen / Verbindungdatenanfragen
so eintrudeln und diese Zapp-Geschichte dann so nach und nach
zurückfahren. Zapp bietet keinen 100%-Torrrent-Block sondern kann
nur Leute blockieren die die beliebten Hollywood /
Justin-Bieber-Torrents ziehen -> 3 Leute Sharing mit 1
Anbieter, 1 Lutscher und 1 Anwalt gehen durch. Technisch kann man
das Stück-für-Stück zurückfahren ("Am Regler ziehen").
Darüber hinaus macht das Zapp aus Netzwerker-Sicht weitere
Effekte. Die Funkstrecken sind nicht so belegt (remember: ein
Torrent mit DHT ballert alle in der Umgebung weg, die nur mal eine
E-Mail abfragen wollen). Es gibt eine starke Motivation, aus
Routing-Faulheit oder IP-Allocation-Coordination-Faulheit
entstandene NAT's abzuschalten (siehe oben: SIP-VoIP). Es erzieht
Leute, entweder One-Click-Hoster oder eigene VPN-Kauf-Zugänge zu
nutzen (ja das geht natürlich, das Zapp wird niemand blockieren
der brav nach Relaxx tunnelt). Die ständige Schnitzeljagd mit den
Verwertern macht zudem die ins Ausland getunnelten VPN-Dienste auf
Dauer unzuverlässig (erfordert ständiges Nachjustieren -> HH).
Ihre merkt bestimmt den leicht genervten Tonfall. Diese Scheiss
"Wir wollen Saugen" vs. "Wir wollen verdienen"-Geschichte geht mir
allmählich auf den Geist. Es behindert, das wir Dienste
zuverlässig machen. Es behindert, dass wir uns um neuartige
Dienste kümmern. Es belegt die Köpfe und die produzieren dann
keine guten Ideen mehr. Hoffentlich geht das irgendwann weg.
Sharen sowieso nur noch die Trottel, die movie4k und Konsorten
nicht kennen.
P.S.: Der Verein möge beschließen das komplett freizugeben. Dann
hab' ich Ruhe und muss mich höchstens noch um den Speicherbedarf
der Contrack-Tabellen kümmern. Achso. Ich brauch' dann mehr
Speicher und vor allem: mehr Bandbreite. Evt. müssen wir das mit
der Key/Konfig-Vergabe fester zurren da es dann erhebliches
Interesse von Dritten an diesem Dienst geben dürfte (Zielgruppe
genauer auf "Freifunk-Angebot" durchleuchten, wissenschon)
// Sven-Ola
Am 01.08.2013 12:08, schrieb Monic Meisel:
Könnt Ihr dazu mal was sagen? Ich versteh das zapp auch nicht
ganz ... ist das nötig? gestern haben wir ja gelernt, das es
rechtlich nix bringt!
Von meinem iPhone gesendet
Anfang der weitergeleiteten E‑Mail: